„Wir müssen die Kräfte bündeln“

Übermorgen Montag stimmen die Mitglieder der NLA-Vereine UHC Dietlikon und Kloten-Bülach Jets über ihre Fusion ab. Die Präsidenten Andi Rebsamen (Dietlikon) und Rolf Nussbaumer (Jets) skizzieren im Interview mit dem „Zürcher Unterländer“ ihre Vision eines gemeinsamen Klubs.

(von Marisa Kuny, Zürcher Unterländer)

Andi Rebsamen, Rolf Nussbaumer, sollte es mit der Fusion klappen, wer wird im neuen Verein das letzte Wort haben?
Andi Rebsamen: Rolf, du kannst gerne anfangen.

Rolf Nussbaumer: Wir beide wollen den Verein in einem Co-Präsidium leiten. Sollte es zu einer Pattsituation kommen, wird Andi im ersten Jahr den Stichentscheid haben, im folgenden dann ich. Wir wechseln uns also ab. Im sechsköpfigen Vorstand sitzen drei Mitglieder aus Dietlikon, drei von den Jets.

Gleichberechtigte Partner also.
Nussbaumer: Absolut. Wir sind ja dann auch ein Verein.

Rebsamen: Aufpassen! (lacht) Wir werden hoffentlich ein Verein.

Wie wird sich der neue Grossverein mit der Frauenabteilung des UHC Dietlikon und den Männerteams der Jets organisieren?
Rebsamen: Geplant ist eine Ab­teilung Kommerz, der Mike Schälchli vorstehen wird. Er vermarktet mit seiner Firma auch den EHC Kloten.Dietlikons aktueller Sportchef Sascha Brendler wird das Departement Sport übernehmen, für den Bereich ­Finanzen ist die Zuständigkeit noch nicht geregelt.

Mit der Fusion wird die Entwicklung des letzten Jahrzehnts rückgängig gemacht. Dietlikon unterhält im Bereich Leistungssport keine Männerteams, die Jets haben 2009 ihre Frauenabteilung aufgelöst. Es hatte sich die Überzeugung durchgesetzt, dass sich im selben Verein nicht Frauen- und Männerteams auf Spitzenniveau unterhalten ­lassen. Warum die Umkehr?
Nussbaumer: Die fehlenden Trainingsmöglichkeiten waren bei den Jets der Hauptgrund für die Abspaltung der Frauen. Zwei Nationalligateams haben sich in einem Verein mit nur einer Halle kaum führen lassen. Hinzu kamen die Junioren, die ebenfalls am Ruebisbach trainieren wollten. Jetzt ist die Lage eine andere, Dietlikon hat mit der Hüenerweid einen eigenen Standort.

Rebsamen: Bei uns war es dasselbe. Wir mussten unsere Männerabteilung damals schliessen, weil wir schlicht zu wenig Hallenkapazität hatten, um Männer und Frauen zu fördern.

Nussbaumer: Springender Punkt ist, dass wir jetzt die beiden Vereine vorab auf Vorstandsebene zusammenzuführen wollen. An der Basis wird sich organisatorisch nicht viel verändern.

Ein gemeinsames Dach, unter dem die Räume getrennt ­bespielt werden?
Rebsamen: Genau. Grundsätzlich ist es unser Ziel, dass jedes Kind bis und mit 6. Klasse in seinem Dorf Unihockey spielen kann. Natürlich sind Ausnahmen nicht ausgeschlossen.

Nussbaumer: Das gemeinsame Dach soll aus Vermarktung, Kommunikation und Administration bestehen. Diese Bereiche wollen wir gemeinsam bewirtschaften. So brauchen wir zum Beispiel nur noch eine Homepage, eine Buchhaltung und eine Person, die sich um das Lizenzwesen kümmert.

Wovon Sie jetzt nicht gesprochen haben, ist die in Kloten ­geplante Sporthalle im Gebiet Stighag, deren Bau von den Jets mitinitiiert wurde. Innerhalb der Infrastruktur Hüenerweid kann sich der UHC Dietlikon nicht weiterentwickeln. Ist die neue Halle, zumindest für Ihren Verein, Andi Rebsamen, nicht der Hauptgrund für diese Fusion?
Rebsamen: Ich bin ehrlich. Dieser Bau ist für uns schon eine grosse Motivation, wir sind hallentechnisch am Anschlag. Aber ich bin überzeugt, dass die Fusion auch abgesehen von dieser Problematik unumgänglich ist, weil wir organisatorisch ebenfalls die Belastungsgrenze erreicht haben. Uns fehlen freiwillige Helferinnen, Schiedsrichterinnen und so weiter. So ein Unihockeyverein ist heute praktisch ein KMU. Wir müssen unsere Kräfte bündeln. Und wichtig ist, dass dies zwei Vereine tun, die sich auf Augenhöhe befinden.

Bringt diese Bündelung der Kräfte denn auch sportlich Vorteile?
Rebsamen: Ja, denn sportlich habe ich eine klare Vision. Wir haben in Dietlikon viele gute Juniorinnen, nicht alle schaffen den Sprung in die NLA. Sie mussten bis anhin den Klub zwangsläufig verlassen. Das Gleiche gilt für die Jets. Da haben wir diese wunderbare Juniorenabteilung bis zur U-21, und dann ist für einen Grossteil Schluss. Das ist eigentlich das Dümmste, was wir machen können. Darum werden wir im neuen Verein den Aufbau unterklassiger Grossfeldteams forcieren, um all den jungen Spielerinnen und Spielern, die nicht NLA spielen können oder wollen, eine Alternative zu bieten.

Nussbaumer: Dem kann ich nur zustimmen. Wir brauchen ein komplettes Angebot. Jede und jeder soll die Chance haben, in unserem Grossklub alt zu werden.

Die Frage ist, ob sich das Alt­werden für die Frauen genauso angenehm gestaltet wie für die Männer. Es ist eine Tatsache: Spielen beide Geschlechter unter demselben Dach, haben die Frauen vergleichsweise weniger Geld zur Verfügung, die schlechteren Hallenzeiten und an einem gemeinsamen Meisterschafts-Event sind die Männer der Hauptact. Andi Rebsamen, können Sie damit leben?
Rebsamen: Willst du etwas dazu sagen, Rolf?

Nussbaumer: Wir haben vereinsintern Regelngetroffen, damit so was eben genau nicht passiert.

Rebsamen: Es gibt sogar diesen Passus in den Statuten, der vorschreibt, dass der Frauensport genauso gefördert werden muss wie jener der Männer.

Nussbaumer: Sportliches Ziel bleibt, dass die Frauen jedes Jahr um den Titel spielen. Die Männer sollen ins Mittelfeld vorstossen. Die beiden NLA-Teams sind das Kraftwerk, das unseren neuen Verein antreiben soll. Wir werden ihnen Sorge tragen.

Andi Rebsamen, wie waren denn die Rückmeldungen aus den Reihen Dietlikons: Haben die Frauen keine Vorbehalte?
Rebsamen: Vor einer Woche habe ich nach der Partie gegen die Red Ants nochmals kurz mit der Mannschaft über die Fusion diskutiert. Da hat mir eine Spielerin gesagt: «In diesem Grossverein gehen wir doch unter.» Ich konnte ihr überzeugt mit Nein antworten. Da hat eine andere gemeint: «Super, dann bekommen wir jetzt die gleich hohe Spesenentschädigung wie die Männer.» Auch dazu habe ich Nein gesagt. Denn sie hat etwas falsch verstanden: Das Geld wird so eingesetzt, dass beide Teams ihre sportlichen Ziele erreichen können. Und das bedeutet nicht, dass die Geldmenge exakt gleich verteilt wird.

Also doch. Weniger Geld für die Frauen.
Nussbaumer: Nicht weniger als jetzt.

Rebsamen: Das Budget des UHC Dietlikon beträgt knapp 200 000 Franken, das der Jets rund eine halbe Million. Es ist nun mal eine Tatsache, dass die Männerliga höhere Summen fordert. Begründet wird das meist mit dem dichteren Spielplan, dem grösseren öffentlichen Interesse und Publikumsaufmarsch und so weiter.

Nussbaumer: Wichtig ist, zu wissen, dass Geld bei dieser Fusion keine Rolle gespielt hat. Finanziell sind beide Klubs kerngesund.

Als neuer Name kursiert «UHC Kloten-Dietlikon Jets». Ist er ­gesetzt oder ein Arbeitstitel?
Nussbaumer: Wieso Arbeitstitel? Was ist an dem Namen so falsch?

Sie lachen. Aber dieser Name zeugt nicht gerade von einer Liebesheirat. Wieso nicht zu etwas Neuem verschmelzen, einem UHC Unterland zum Beispiel?
Nussbaumer: Wir wollen als Flughafenregion erkannt werden. Wer kann sich im Berner Oberland schon etwas unter einem UHC Unterland vorstellen. Ich finde den Namen sehr gut, weil er zeigt, dass wir mit unserem Verein das Glattal und die Flughafenregion abdecken. Und er zeugt von Gleichberechtigung.

Rebsamen: Dem ist anzufügen, dass der Verband verlangt, dass die beiden Dorfnamen im Vereinsnamen enthalten sind. Und auch die Beiträge der Gemeinde erhalten wir nur, wenn wir Dietlikon weiterhin im Namen tragen. Das tönt jetzt vielleicht etwas selbstverliebt, aber der Name Dietlikon ist in der Frauen-Unihockeyszene ein Brand. Diesen bin ich nicht bereit aufzugeben. Ich hätte zwar lieber, wenn es Dietlikon-Kloten Jets heissen würde . . .

Nussbaumer: Aber bei einer Heirat muss man nun mal zu gewissen Eingeständnissen bereit sein.

Rebsamen: Richtig, Und der gemeinsame Nenner Jets gefällt mir.

Identität wird nicht nur über den Namen, sondern auch über Logo, Dress und Farben hergestellt. Wie schaut es hierzu aus?
Nussbaumer: Für das Logo liegen erste Entwürfe in Blau-Weiss-Gelb bereits vor. Es wird sicher eine Kombination aus den bestehenden Logos sein.

Rebsamen: Punkto Dress bleiben wir pragmatisch: Dietlikon wird vorerst Blau-Gelb bleiben und die Männer spielen wie bis anhin in Blau-Weiss.

Zum Schluss die Frage: Was ­erwarten Sie am Montag für ein Resultat?
Nussbaumer: Ich bin optimistisch, dass meine Mitglieder hinter dem Vorstand stehen und mit Ja antworten werden.

Rebsamen: Ich hoffe auch, dass sie unsere Idee teilen.

Nussbaumer: Es gibt keine Alternative, wenn wir vorwärtskommen wollen.

Gesetzt den Fall, die Fusion wird am Montag von einem Verein abgelehnt. Was passiert dann?
Rebsamen: Es handelt sich ja erst mal nur um eine Befragung. Wir wollen uns bei den Mitgliedern das Okay holen für finale Verhandlungen. Lehnt ein Verein die Fusion wider Erwarten ab, können wir nochmals über die Bücher. Das letzte Wort hat nämlich erst die ausserordentliche Generalversammlung Ende März, dann müssen drei Viertel aller Anwesenden Ja sagen, damit die Fusion rechtlich verbindlich wird.

Und wenn dann ein Nein ­herauskommt?
Nussbaumer: Dann geht es weiter wie bisher.

Rebsamen: Natürlich werden wir auch bei einer Ablehnung weiter NLA spielen. Vorerst.

Nussbaumer: Aber es wird sportlich keine Entwicklung stattfinden. Gerade für die Jets, die im Moment am Tabellenende der NLA um den Ligaerhalt spielen, wäre das fatal.

Rebsamen: Nur schon den Status quo zu erhalten, ist von Saison zu Saison ein Kraftakt – und wird immer schwieriger.