Frischer Wind aus hohem Norden
In der NLA der Frauen werden die Karten neu gemischt. Cupsieger Dietlikon bringt im Kampf um den Meistertitel das stärkste Ausländerinnenquartett der Liga ins Spiel. Die Verstärkungen aus dem hohen Norden sind für den Verein ein Glücksfall – allerdings kein zufälliger.
Noch kein Ball war in diesem Frühsommer in der Halle gespielt und der UHC Dietlikon hatte schon ein erstes Mal gewonnen – und zwar im Transferrennen. Nachdem sich der Verein bereits im April die Dienste der schwedischen Nationalspielerin Linn Lundström hatte sichern können, gaben auch der finnische Naticaptain Laura Mertsalmi und die Schwedin Ann-Sofie Sundholm, beide vom mittlerweile aufgelösten Champions-Cup-Sieger Djurgarden Stockholm, den Gelb-Blauen den Zuschlag. Die letztjährige Topskorerin Petra Weiss, die sich für ein weiteres Jahr in Dietlikon entschieden hat, macht das stärkste Ausländerinnenquartett der Liga komplett. Damit haben die Glattalerinnen trotz den Abgängen der drei Nationalspielerinnen Nina Bärtschi, Tanja Stella ( beide zurück nach Schweden) und Janine Wüthrich (Red Ants) im Kampf um den Meistertitel weiterhin gute Karten in der Hand – heuer vielleicht sogar die besten. Dietlikons Präsident Antti Uimonen schätzt das aktuelle Team noch «eine Spur kompetitiver» ein, als die letztjährige Equipe, die den Cupsieg geholt und in der Meisterschaft erst im Superfinal an Serienmeister Chur gescheitert ist.
Für den Glattaler Vorzeigeverein sind die Verpflichtungen zweifellos ein Glücksfall – auch wenn bei den Transfers keineswegs nur Fortuna im Spiel war. Der UHC Dietlikon war nämlich nicht der einzige Club, der sich um die drei Nationalspielerinnen bemühte, die aus unterschiedlichen Gründen – Linn Lundström wollte ihren Freund David Jansson, den neuen Coach des Schweizer Männer-Nationalteams, begleiten, Mertsalmi und Sundholm suchten nach der Auflösung ihres Vereins nach einer neuen Herausforderung im Ausland – einen Wechsel in die Schweiz ins Auge gefasst hatten.
Ein überzeugendes Paket
Sicher ist, dass auch Rychenberg Winterthur, das nach dem Verpassen der Playoffs fast das komplette Kader ausgewechselt hat, und Meister Chur die nordischen Stars umwarb. «Es ist völlig normal, dass diese Spielerinnen auch mit anderen Vereinen sprechen», sagt Dietlikons Präsident dazu. Am Ende aber entschieden sich die drei für einen Wechsel ins Glattal, was Uimonen natürlich freut: «Wir konnten ihnen anscheinend ein gutes Paket anbieten.»
Und was steckt drin in diesem Paket, das Lundström, Sundholm und Mertsalmi zu überzeugen vermochte? «Standardleistungen, die alle ausländischen Spielerinnen bei uns erhalten», lautet Uimonens Antwort. Konkret bedeutet das, der Verein übernimmt die Krankenkassenund weitere Versicherungskosten, solange die Spielerinnen kein eigenes Einkommen haben, unterstützt sie bei der Jobsuche, bezahlt ihnen einen Sprachkurs und finanziert zwei Flüge in die Heimat. Im Fall der drei Neuverpflichtungen ist eine Wohnung zusätzlich Teil der Vereinbarung. Und auch in diesem Punkt hatte Dietlikon Glück: Der Verein konnte jene von den Grasshoppers, die gleich neben der Hardauhalle im Zürcher Kreis 4 steht, untermieten.
Uimonen bemerkt, dass der mit Abstand schwierigste Part die Jobsuche sei. Früher hätten gerade schwedische Spielerinnen oft bei Ikea in Dietlikon eine Anstellung gefunden. Doch momentan sei die Bereitschaft des schwedischen Möbelriesen nicht mehr da. Trotzdem hatten kurz vor Saisonstart Sundholm und Mertsalmi bereits einen Arbeitsvertrag in der Tasche. «Auch dank ihrem eigenen Engagement», fügt Uimonen an.
Dietlikons Präsident ist schon lange im Geschäft und weiss darum, was den ausländischen Spielerinnen neben der finanziellen Unterstützung wirklich wichtig ist: «Sie wollen ab und an in ihr Heimatland fliegen dürfen, zum Beispiel an Weihnachten. Zudem brauchen sie Hilfe mit dem ganzen Papierkram, wenn sie in der Schweiz ankommen. Und dann wollen sie ganz einfach, dass man sich um sie kümmert. Alle waren bei uns auf Besuch, bevor sie den Vertrag unterschrieben haben.»
Trockener Schweizer Markt
Dass Dietlikon heuer gleich mit vier Spitzenspielerinnen aus dem hohen Norden in die Saison steigt, will auf den ersten Blick nicht so ganz in die Philosophie passen, welche die Vereinsarbeit in den vergangenen Jahren geprägt hat. Denn eigentlich ist der UHC Dietlikon auf dem internationalen Transfermarkt als zurückhaltender Player bekannt. Vor vier Jahren haben die Glattalerinnen unter dem damaligen Trainer Beni Cernela gar eine Saison ganz ohne Ausländerinnen bestritten. Uimonen sagt denn auch: «Wir haben uns lange überlegt, ob wir das können und wollen. In sportlicher Hinsicht war der Fall sofort klar. Solche Spielerinnen will man ganz einfach im Kader haben.» Mittlerweile sei auch der finanzielle Aspekt geregelt. Der Verein stürze sich nicht in Unkosten, ist sein Präsident heute überzeugt: «Die Wohnung ist der einzig grössere Kostenpunkt. Und auch den können wir stemmen.»
Lundström, Sundholm und Mertsalmi sind Dietlikon diese Extraausgaben wert, zumal einheimische Verstärkungsspielerinnen gerade Mangelware sind. Der Schweizer Markt sei nicht nur trocken, sondern sehr trocken, sagt Uimonen. Dass die derzeit beste Skorerin mit Schweizer Pass im Glattal bleiben wird, kann Dietlikon darum als weiteren Gewinn verbuchen. Michelle Wiki, die in der vergangenen Saison 44-mal für Dietlikon getroffen hat, wäre in diesem Sommer fast mit Verteidigerin Wüthrich nach Winterthur abgesprungen. Rychenberg zeigte grosses Interesse an der 26-jährigen Nationalspielerin. Und sie selbst war einem Wechsel nicht abgeneigt: «Nach der Enttäuschung im Superfinal gegen Meister Chur wollte ich eigentlich eine Veränderung. Ich hab lange gebraucht, um diese Niederlage zu verkraften» Darum habe sie sich auch erlaubt, die Entscheidung sehr lange hinauszuzögern, erklärt die angehende Anwältin.
Versprechen erfüllt
Geld war für Wiki dabei nie ein Argument. «Ich spiele seit zehn Jahren Unihockey, Geld habe ich nie damit verdient, wieso soll also jetzt?» fragt sie. Ausschlaggebend sei am Ende gewesen, dass ihr Herz für das Dietliker Team schlage. Der Verein hat Wiki für ihren Verbleib im Glattal nichts geboten ausser dem Versprechen wieder als Titelanwärter in die neue Saison zu steigen. Wiki lächelt: «Dieses Versprechen haben sie mit ihren Verpflichtungen bekanntlich mehr als erfüllt.»
Bericht wurde vom Zürcher Unterländer zur Verfügung gestellt.